Unter dem Motto „Wenn einer eine Reise tut“, lud in diesem Jahr Rüdiger Safranski wieder zu den Badenweiler Literaturtagen ein, die vom 19.-bis zum 22.10. 2017 auf reges Publikumsinteresse stießen.
Ich war zum ersten mal in Badenweiler. Ich wusste, dass sich von jeher viele Schriftsteller dort aufhielten und vor Ort empfand ich die Fülle an Wertschätzung in Form von Gedenktafeln, Hinweisen und Denkmälern sehr berührend. Der russische Schriftsteller und Theaterautor Anton Tschechow ist möglicherweise der berühmteste Gast dieses Kurortes gewesen, wo er auch starb – allerdings schied er, so erzählt man, geradezu beneidenswert elegant dem Leben, nachdem er noch ein Glas Champagner getrunken hatte. Ihm ist ein kleines Museum gewidmet, dessen Besuch sich unbedingt lohnt. Es gibt sehr eindrucksvolle Bilder von ihm zu sehen, im Kreis der Schauspieler und Künstler die sein Stück „Die Möwe“ zur Aufführung brachten. Ein wenig vermisste ich die Würdigung seiner aufopferungsvollen Schwester, die sein Leben im Hintergrund so gut als möglich zu ordnen versucht hatte. Der Verein des Tschechow-Salons pflegt die Freundschaft und den interkulturellen Austausch zwischen russischen und deutschen Intellektuellen und Künstlern. Es stimmt etwas wehmütig, wie das Zeitgeschehen dem offenen Wort entgegensteht, wie wenig wir heute voneinander wissen.
Doch auch Karl Jaspers, Anette Kolb, Hermann Hesse, Gabriele Wohmann, René Schickele und viele andere, nicht zuletzt die Autoren der Literaturtage, haben in Badenweiler gekurt oder gelebt. In Badenweiler hört man viele Sprachen, und Musik und Literatur sind wirklich Markenzeichen dieses kleinen Ortes wo hohe Bäume in den Himmel wachsen und überall Quellwasser sprudelt.
Die Literaturtage fanden im Kurhaus statt, in einem schönen hellen Saal mit Blick auf den Kurgarten. Jenny Erpenbeck, Martin Mosebach, Cees Nooteboom, Dana Grigorcea, Denis Scheck und zuletzt auch Daniel Kehlmann waren zu Gast, lasen und stellten sich dem Gespräch mit Rüdiger Safranski. Daniel Kehlmann stellte sein neues Buch „Tyll“ vor und las daraus das dritte Kapitel. Mit großem Tempo, erzählerischer Raffinesse und viel Witz zog er die Hörer des ausverkauften Saales in seinen Bann. Ein geschicktes Spiel von Fakten und Fiktionen, Bildern und Szenen, ist dieses Kapitel, und Daniel Kehlmann ist ein ausgezeichneter Vorleser seines Werkes. – Es passiert mir nicht selten, dass ich enttäuscht bin, wenn ich ein vielgelobtes Buch kaufe. In nahezu jedem Klappentext findet man hochtrabende Kritiken. Ich gebe zu, ich habe mir eher flüchtige Unterhaltung versprochen und war am Ende sehr glücklich, bei dieser tollen Lesung dabei gewesen zu sein, die rasant aber nicht flüchtig war.
Man muss nicht alle Autoren mögen die Rüdiger Safranski eingeladen hat – auch die anschließenden Gespräche gelingen besser oder schlechter. Aber dass das ganze überhaupt statt findet, ist ein großer Verdienst des Ortes und des Gastgebers.