Heute vor 2000 Jahren wurde die Namensgeberin der Stadt Köln geboren. Oder war es doch im Jahre 16 n. Chr? Die einen sagen so, die anderen sagen so.
Wahrscheinlich ist jedoch, dass der Stamm der Ubier im Jahr 19 v. Chr. auf der linken Rheinseite der Kölner Bucht angesiedelt wurde, vom Stadthalter Agrippa. Diese Maßnahme war mit Kaiser Augustus abgesprochen, der seit dem Jahr 7 v.Chr. das urbane Zentrum der Ubier angelegt hatte.
Agrippinas Eltern waren die „ältere“ Agrippina und der Feldherr Germanicus; sie gehörte also der höchsten römischen Aristokratie an. Ein Jahr nach ihrer Geburt wurde der Vater in den römischen Osten abkommandiert wo er wenig später starb. Über die Kindheit Agrippinas ist nicht viel bekannt,außer, dass sie ihre Geburtsstadt nie wieder besuchte. Später in ihrem Leben gelangte sie zu Macht und Ansehen; auch weil Tacitus, der Historiker und Berichterstatter der damaligen Zeit, manches Detail aus ihrem Leben für die Nachwelt aufschrieb. 28. n. Chr. wurde sie mit einem sehr reichen Mann verheiratet, und gebar einen Sohn, Lucius, besser bekannt unter dem Namen Nero.
Agrippinas Bruder war Caligula, der nach Tiberius Tod die Nachfolge in Rom antrat und der seine Schwestern verehren und sie in Gestalt römischer Göttinnen in Münzen prägen ließ. Da Agrippina jedoch in Intrigen gegen ihren Bruder verwickelt war, wurde sie aus Rom verbannt. Der entscheidende Wendepunkt in ihrem Leben kam im Jahre 41. n. Chr. als ihr Bruder Caligula ermordet, und ihr Onkel, Claudius, Bruder des Germanicus, zum Kaiser ausgerufen wurde. Sie sah ihre Stunde gekommen und es gelang ihr, den Onkel für sich zu gewinnen. Per Senatsbeschluss wurde diese Ehe erlaubt, die vordem als inzestuös beurteilt worden wäre. Von nun an trat sie stets an der Seite von Claudius auf und bald brachte sie den Kaiser dazu, ihren Sohn Nero zu adoptieren.
Für Tacitus begann ihre Geschichte interessant zu werden: „Umgewandelt war seitdem die Stadt und alles gehorchte einer Frau. Straff wie ein Mann zog sie die Zügel der Sklaverei an, in der Öffentlichkeit zeigte sie Strenge und in der Regel Hochmut. In ihrem Haus gab es keine Sittenlosigkeit, außer wenn es ihrer Herrschsucht diente“.
So war es naheliegend, den Ort ihrer Geburt zur Colonia zu erheben. Die Bewohner der Stadt bekamen 50 n. Chr. die Bürgerrechte Roms. C.C.A.A. Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Kolonie des Kaisers Claudius (und) Opferstätte der Agrippinenser). Mit der Erhebung der Siedlung zu einer Colonia begann eine enorme Entwicklung des antiken Köln und dessen weiterer Aufschwung; plötzlich war die Stadt auf gleicher Höhe mit Karthago und Pmpeji. Die C.C.A.A stand damit in der Städte-Hierarchie im Imperium ganz oben, die Bürger waren den Römern gleichgestellt. Die C.C.A.A war in ihrer Glanzzeit im 2. und 3. Jhdt. n. Chr. eine der bedeutendsten Städte des römischen Imperiums und lange dessen größte Stadt nördlich der Alpen.
Agrippina hat ihrem Sohn den Weg zur Macht geebnet. Die Ehe mit Claudius war zerrüttet, so erfahren wir von Tacitus. Als Claudius überlegte, seinen einzigen leiblichen Sohn, Britannicus, zum Erben zu bestimmen, ließ Agrippina ihrem Gemahl ein vergiftetes Pilzgericht
servieren. Nach seinem Tod wurden Britannicus und dessen Schwester eingesperrt und Nero zum Nachfolger ernannt. Auch Britannicus wurde, noch nicht volljährig, vergiftet.
Nero versuchte sich alsbald dem Einfluss der Mutter zu entziehen und seine Macht rücksichtslos auszubauen. 59 n. Chr. ließ er Agrippina ermorden, was erst beim zweiten Versuch gelang; „triff den Leib“ sollen ihreletzten Worte gelautet haben – den Leib, der den Nero geboren hatte. Jede Erinnerung an Agrippina sollte auf Neros Befehl von nun an ausgelöscht werden.
In Köln jedoch hat man diese mächtige Frau nicht vergessen, und im Römisch-Germanischen Museum, direkt neben dem Kölner Dom, finden sich zahlreiche interessante Zeugnisse aus dem römischen Köln. Hier wird sie als Stadtgründerin verehrt, hier kann man nicht nur Grabinschriften von Veteranen, sondern auch Gefäße, Mosaiken, Schmuck oder Glas der Römer bewundern, und über die kleinen charakterlichen Schwächen der Agrippina, sieht man, ganz Weltstadt, großzügig hinweg.
Ausstellung im Römisch-Germanischen Museum Köln, Roncalliplatz:
Di.-So. 10-17 Uhr, am ersten Donnerstag des Monats bis 22 Uhr. Bis zum 29.3.2016